Engagement des Vereins “Interessengemeinschaft Garagen – ‚Zur Stinitzquelle/Neue Mühle‘ e.V.”
Das Weiterbestehen des Garagenkomplexes in seiner aktuellen Form ist stark gefährdet, da der neue Grundstückseigentümer den aktuellen Pächtern ihre Pachtverhältnisse zum 31.12.2024 gekündigt hat. Viele der Gekündigten haben der Kündigung bereits widersprochen und wollen für den Erhalt des Garagenkomplexes und seiner gewachsenen Garagenkultur kämpfen.
Im vorliegenden Rechtsstreit setzen wir uns für den Erhalt der Struktur im Garagenkomplex ein.
Eine Überlassung der Garagen an den neuen Grundstückseigentümer ohne jede Gegenleistung sehen wir als nicht gerechtfertigt an. Wir sehen jedoch unterschiedliche Wege, wie mit der aktuellen Situation umgegangen werden kann, und werden uns für einen positiven Prozess engagieren.
Dabei sehen wir folgende Möglichkeiten zur Lösung des Problems:
Im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag Anfang der 90er Jahre wollte die BRD das DDR-Rechtskonstrukt des Immobilieneigentums auf Pachtland beenden und dies dem bundesrepublikanischen Recht anpassen. Dazu wurden jedoch die Grundstücke und deren Pachtverträge nicht pauschal dem in der BRD bis heute existierenden Erbpachtrecht angepasst, sondern unterschiedliche Übergangslösungen geschaffen, die es Gebäudeeigentümern auf Pachtland, je nach Art der Immobilie, erlaubt, diese für eine gewisse Zeit als Pächter weiter zu nutzen. Wenn bis zum Ablauf dieser Übergangszeit keine Einigung mit dem Grundstückseigentümer getroffen wurde (zum Beispiel Umwandlung in Erbpacht oder Kauf des Grundstücks durch den Pächter) ist der Anspruch nach Ablauf dieser Übergangszeit auf eine Weiterführung des Pachtverhältnisses erloschen. Der Grundstückseigentümer war und ist dann dazu berechtigt, das Pachtland in seinem ursprünglichen, also von der Immobilie beräumten, Zustand vom Pächter übergeben zu bekommen.
Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) 1994 verabschiedet
Räumung und Rückbaupflicht:
Es wird genauer geregelt, unter welchen Umständen der Gebäudeeigentümer das Gebäude abreißen und das Grundstück räumen muss wobei dazu ableitend auch Paragrafen des BGB heran gezogen werden.
Auch wird geregelt, dass der Gebäudeeigentümer das Grundstück auf Verlangen des Grundstückseigentümers räumen muss, wenn kein Vertrag über die Weiternutzung des Grundstücks zustande gekommen ist. Dies gilt besonders, wenn der Gebäudeeigentümer das Grundstück nicht erwerben will oder kann und kein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen wird.
Aus den Regelungen lässt sich auch ableiten, dass der Gebäudeeigentümer den Rückbau des Gebäudes zu eigenen Kosten durchführen muss, es sei denn, es wird eine andere Vereinbarung getroffen.
Dies führte in den Jahren nach Auslaufen der Übergangsfristen in vielen dokumentierten Fällen dazu, dass Eigentümer von Gartenlauben, Bungalows, Datschen oder Garagen, welche zu DDR-Zeiten auf Pachtland errichtet wurden, diese auf eigene Kosten abreißen mussten. In manchen Fällen wurde dies von den Pächtern selbst getan, nicht zuletzt, um Kosten zu sparen, aber auch, um einen würdigen Abschied zu nehmen. In vielen Fällen wurde der Abriss jedoch von professionellen Abrissunternehmen durchgeführt, welche der Grundstückseigentümer nach Ende des Pachtverhältnisses beauftragte, und diese Kosten dem ehemaligen Pächter und Gebäudeeigentümer in Rechnung stellte. Vielfach wurde berichtet, dass der Grundstückseigentümer dem Pächter anbot, ihm die Kosten für den Abriss nicht in Rechnung zu stellen, wenn dieser das Gebäude bzw. die Immobilie besenrein herausgibt und keine weiteren rechtlichen Schritte gegen den Prozess einleitet, weil diese die Angelegenheit in die Länge ziehen würden und ein schneller Abriss und ein daraufhin zeitnah beginnender Baubeginn für einen Gebäudeneubau auf dem betreffenden Grundstück für den Grundstücksbesitzer wichtiger waren als die Kosten erstattet zu bekommen, die durch den Abriss entstehen. Dass die mit dem Abriss verbundenen Kosten dem ehemaligen Pächter in Rechnung gestellt werden können, haben Gerichte in der Vergangenheit wieder und wieder bestätigt.
Bis zum heutigen Tage wird diese Regelung von den Menschen der ehemaligen DDR als ungerecht empfunden und ist weiterhin ein weit verbreiteter Teil des Grolls auf die Art und Weise, wie mit den Menschen in der DDR nach der Wiedervereinigung umgegangen wurde, da es kaum einen Ex-DDR-Bürger gibt, der dies nicht selbst erlebt hat, jemanden kennt, der davon betroffen war oder, wie im aktuellen Fall der Kündigungen im Garagenkomplex “Zur Stinitzquelle/Neue Mühle”, noch immer betroffen ist.
Situation im Garagenkomplex “Zur Stinitzquelle/Neue Mühle” und rechtliche Besonderheiten
Die Situation im Fall des Garagenkomplexes “Zur Stinitzquelle/Neue Mühle” ist insofern anders gelagert als in den typischen Fällen, bei denen die Pächter zum Abriss ihrer Gebäude gezwungen waren. Denn hier möchte der Grundstückseigentümer die Garagen eben gerade nicht abreißen, um auf dem Gelände neue Bauwerke zu errichten. Dies hängt damit zusammen, dass der Garagenkomplex in einem Wasserschutz- und Naturschutzgebiet gelegen ist. Dies hat zur Folge, dass die zuständige Baubehörde keinerlei Baugenehmigungen für die Errichtung neuer Gebäude auf dem Grundstück des Garagenkomplexes erteilen wird. Für den Garagenkomplex liegt jedoch ein Bestandsschutz vor, was bedeutet, dass dieser weiter betrieben und nicht abgerissen werden muss, trotzdem sich der Garagenkomplex in besagtem Wasserschutz- und Naturschutzgebiet befindet. Dies ist seit längerem bekannt und auch der Grund dafür, warum das Grundstück bereits mehrfach den Besitzer gewechselt hat, da ein lukrativer Neubau, zum Beispiel von Wohngebäuden, auf dem Gelände nicht möglich ist.
Im Kündigungsschreiben mit der Kündigung zum 31.12.2024 werden die Garagenbesitzer vom Grundstückseigentümer dazu aufgefordert, die Garagen “[...] vollständig von den sich in der Garage befindlichen Sachen beräumt und besenrein bis spätestens zu diesem Zeitpunkt oder gerne auch vorher an uns herauszugeben.”. Weiters heißt es: “Falls Sie Interesse an einer späteren Anmietung der überarbeiteten Garagen haben, melden Sie sich bei uns”
Dem Grundstückseigentümer ist es also bewusst, dass ein Abriss der Garagen zu einer für ihn ungünstigen Lage führen würde, da er nach dem Abriss lediglich ein Grundstück im Wald besäße, das er nicht bebauen kann und in dem er auf Grund des Naturschutzgebietes nicht einmal forstwirtschaftlich tätig werden könnte.
Darum möchte dieser die Garagengebäude in seinen Besitz überführen, um diese dann nach Instandsetzung vermieten zu können. Eine Übergabe der Garagen durch die aktuellen Pächter an den Grundstückseigentümer “beräumt und besenrein” erscheint als nicht gerechtfertigt, da dies unseres Erachtens nach – und wie auch einige Garagenbesitzer bereits geäußert haben – einer Schenkung gleichkäme, wenngleich uns bewusst ist, dass der Grundstückseigentümer die Überlassung in besenreinem Zustand lediglich als Erfüllung der Pflicht zur Rückgabe des Grundstücks in einem ordnungsgemäßen Zustand sehen würde.
Gerichte haben wiederholt geurteilt, dass Pächter nach der Kündigung die Kosten des Abrisses der Gebäude auf dem Pachtland zu tragen haben. Dies bedeutet aber im Gegenzug auch, dass diese nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht automatisch in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen. Denn dann hätte dieser ja die Kosten für den Abriss “seines Gebäudes” auch selbst tragen müssen.
Recht auf Abriss: Es gibt unseres Wissens nach noch keine allgemeingültige Regel, die besagt, dass der Grundstückseigentümer dem Pächter den Abriss seiner Garage untersagen kann, falls dieser sich dazu entscheidet. Das Recht des Pächters, seine Garage abzureißen, wird von uns als starkes Druckmittel in den Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer gewertet werden.